Blog übers Leben

11. April 2020

Ohne Arbeit?

Was heißt Arbeit? Wann genau arbeiten wir? Was machen wir, wenn wir nicht arbeiten? Das sind meine ersten Fragen, die ich mir bereits zu Beginn gestellt habe, seit es meine Website gibt.

Gerade höre ich von vielen Ecken, das es aufgrund der aktuellen Krise viele Bedenken gibt, inwiefern es in Zukunft noch genug Arbeitsplätze geben wird – viele befürchten die Arbeitslosigkeit.

 

Was aber bedeutet das genau? Gemeint ist damit vermutlich, dass die Menschen Angst haben, für die Arbeit, die sie bisher ausgeführt haben, kein Geld mehr zu bekommen. Arbeit gibt es deshalb aber immer noch genug. Vielleicht wollte man ja eh schon lange einmal etwas anderes machen? Aber da kommt schon die zweite Angst: Wer nimmt mich denn noch? Vielleicht bin ich zu alt, habe zu wenig Expertise, keine Ausbildung dafür. Wofür eigentlich?

 

Ich bin jetzt seit einem Monat „arbeitslos“ und wer weiß, wie lange noch. Und mir geht es so gut, wie schon lange nicht mehr. Mein Leben hat für kurze Zeit wieder eine Zukunft mit unbeschriebenen weißen Blättern und das erfüllt mich nicht mit Angst, sondern mit Gewissheit. Denn jeder Tag ist mit dem gefüllt, was kommt: Arbeit und Ruhen. Und es kommt immer etwas. Warum glauben wir wohl wir müssten etwas planen, frage ich mich heute, wenn doch immer etwas kommt?

 

Arbeit muss geplant werden, um Geld zu verdienen, um Sicherheit zu haben und Freizeit muss geplant werden, damit die Arbeit und das Sicherheitsbedürfnis uns nicht überrennt und wir uns auch mal entspannen und uns frei fühlen können. Klingt logisch!?

 

Was passiert, wenn ich mir vorstelle, dass ich tatsächlich gebraucht werde, ich als Mensch. Dass andere Menschen, dass die Welt, dass sogar das System mich braucht. Nicht, weil es irgendeine Jobanzeige gibt, auf deren Profil ich zutreffe oder mich maßschneidere, sondern, weil es meine Fähigkeiten braucht, meine Arbeitskraft, meine Motivation, meine Nachdenklichkeit, meine Liebe.

 

Es gibt Vertrauen.

 

Aber wie ist das dann mit dem Geld? Das ist doch dann oft nur ehrenwerte Arbeit, nichts Richtiges…

 

Aber mal anders gefragt: wohin wollen wir denn unser Geld geben? Der ehrenwerten Arbeit oder der Arbeit, die Ungerechtigkeit und Unterdrückung begünstigt? Wollen wir es einem Menschen weitergeben oder einer fixen Idee von dem, was Arbeit nun mal zu sein scheint? Wenn eure Antwort klar ausfällt, dann ist auch die Frage, woher das Geld kommen soll, beantwortet.

 

Nur noch zum Abschluss:

 

In letzter Zeit habe ich zwei Gespräche geführt mit sehr liebenswerten Freundinnen, die mir erzählt haben, dass sie sehr lange nicht an sich selbst gedacht haben und oft jeden Pfennig umdrehen mussten und jetzt, jetzt möchten sie sich endlich auch mal etwas gönnen!

 

Ja klar! Unbedingt! Und gerne hätte ich dann gesagt, wenn es mir denn in dem Moment eingefallen wäre: Aber bitte, gebt euren Mangel nicht weiter, den euch andere Menschen so fühlen lassen haben. Gebt das weiter, was ihr so gerne empfangen hättet.

 

In diesem Sinne, mögen wir uns, unseren Mitmenschen, der Welt geben, was in uns ist und was wir so gerne empfangen möchten. Diesen Job können wir nie verlieren.

 

 

 

23. März 2020

Orion

Vor eineinhalb Wochen habe ich einen Vortrag gehalten über Sprache, ihre Bedeutung und ihre Wirkung. Es ging um die berühmte Sapir-Whorf-Hypothese, die besagt, dass Sprache unser Denken determiniert. Als Beispielerklärung dient unter anderem das Sternenbild des Orion. Jede*r von uns kennt das Sternbild vermutlich und kann es am nächtlichen Himmel ausmachen. Wir sehen darin einen Mann (Orion) mit einem Gürtel und seinem Schwert. Mit diesem geschaffenen Bild, mit dieser Bedeutung haben wir fast keine Chance mehr, die Sternenkonstellation anders wahrzunehmen. Wir sind von der Geschichte des Orion geprägt und unser Denken bleibt auf der Oberfläche der vorgegebenen Sternebilder: großer Wagen, Kassiopeia, kleiner Wagen. Manche kennen vielleicht noch mehr Sternenbilder und nehmen den Himmel dadurch differenzierter und vielfältiger wahr. Aber was ist mit dem Stern dort drüben, hat er keine Berechtigung zu sein, nur, weil es für ihn keinen Namen gibt und all die Sterne, die zu weit weg sind, als dass ihr Licht uns erreicht, gibt es sie deshalb nicht?

 

Gestern saß ich bei Dunkelheit auf unserer Treppe vor dem Wagen, blickte zum Orion und dachte: Orion, du bist schön, du bist stark, du musst nicht auch noch von mir bewundert werden. Mich interessiert der der kleine Stern, dort hinten am Horizont, dem will ich einen Namen geben.

 

07. Februar 2020

Nachdenken über Sinn und Sein

Ich frage mich immer wieder, was mache ich hier eigentlich: eine mobile Sauna vermieten, ja und? Ist das jetzt mein Business? Muss ich jetzt hier voll durchstarten? Und ist das nicht irgendwie eine Luxusdienstleistung, die sich nur priviligierte, schamfreie Menschen gönnen?

So versuche ich schon eine ganze Weile herauszufinden, warum das alles? Zunächst wollte ich die Sauna nicht für mich und meine Familie allein besitzen. Warum sollte sie ungenutzt herumstehen? Dann wollte ich anderen eine Freude machen, ihnen Entspannung bringen und ihnen mit der Sauna einen schönen Abend beschehren. Aber ich bin sicher, da ist noch mehr!

Ich habe ein Zitat gefunden, dass ich gerne für mich nutzen möchte, um zu beschreiben, worauf es mir vermutlich ankommt:

 

"wellness is an act of (political) resistance",

 

sagt die Wissenschaftlerin und Autorin bell hooks.

Sie ist eine Vertreterin der Empowerment-Bewegung, welche People of Color (gemeint sind nicht weiße Menschen) stärken will, Diskriminierungserfahrungen zu überwinden und ihnen zwischenmenschlich und politisch zunächst zur Sichtbarkeit und letztenendes zur Gleichberechtigung verhelfen möchte.

Um einen geschützen Rahmen zu schaffen entstehen sogenannte Empowerment-Räume, Räume, in denen "Gefühle der Herzlichkeit, der Offenheit, der Akzeptanz und des gegenseitigen Verständnisses" herrschen.

 

Aber warum sollte Wellness politischer Widerstand bedeuten? Widerstand leisten wir dann, wenn wir uns dem Normalen, dem Vorgegebenen entziehen. Doch wie können wir uns etwas entziehen, was uns tagtäglich umgibt und von dem wir zu einem guten Stück ein Teil sind? Ich habe bemerkt, dass, indem ich mir immer wieder Zeit nehme oder Räume suche, die es mir ermöglichen, das was ich gerade tue zu hinterfragen, es von einer anderen Perspektive aus zu beobachten, kann ich vorgegebene Grenzen einreißen und mir meine eigenen Grenzen setzen. Denken und Handeln aus den eigenen Maximen heraus, das ist zwangsläufig politischer Widerstand.

 

Ich wünsche mir, dass es mehr solcher Räume gibt. Räume, in denen Menschen wieder beginnen Vertrauen zueinander und zu sich selbst aufzubauen. Zeiten, in denen sie spüren, dass die Welt besteht, unabhängig von ihren täglichen Sorgen und Meinungen. Und dass sie sich in diese Welt hineinfühlen können, in der noch immer alles offen und möglich ist.